Fortschrittsgedanken: Christine Harbring

Fortschrittsgedanken: Christine Harbring


Zum Format:

"Fortschrittsgedanken" erscheint wöchentlich auf dem FAIR.nrw Blog und stellt die Meinung verschiedener Expertinnen und Experten aus Forschung und Praxis zu immer gleichbleibenden Fragen dar. Dabei geht es primär um das Thema Algorithmen in der Personalauswahl.

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Zur Autorin:
Christine Harbring ist mit dem Lehrstuhl für Organisation seit 2010 Professorin für Betriebswirtschaftslehre an der RWTH Aachen und Mitglied im Ethikbeirat HR-Tech, der 2020 Richtlinien zum verantwortungsvollen Umgang mit Technologien im Personalbereich veröffentlicht hat. Zuvor war sie Professorin am Karlsruher Institut für Technologie. Sie hat als Beraterin für Organisationsentwicklung in Frankfurt gearbeitet, an der Universität Köln im Fach Betriebswirtschaftslehre habilitiert und zuvor an der Universität Bonn mit experimentellen Studien zu Anreizschemata promoviert.

Welche Chancen bieten Algorithmen in der Personalauswahl und wo liegen Risiken?
Die Verwendung von Algorithmen bietet die Chance eine nach transparenten Kriterien und auf einer soliden Datengrundlage basierende objektivere und bessere Personalauswahl durchzuführen. Risiken sind, dass der Algorithmus unzureichend die Kriterien abbildet, falsch angewendet wird, intransparent ist oder/und die Daten mangelhaft sind. Eine solche Auswahl wäre dann keine Verbesserung zum herkömmlichen Prozess und birgt zudem noch die Gefahr bisherige Entscheidungsfehler, wie z. B. die unbewusste Berücksichtigung bestimmter Stereotypen, zu manifestieren.

Welchen Einfluss hat Diskriminierung in der Personalauswahl?
Menschen machen Entscheidungsfehler, lassen sich unbewusst von Stereotypen, Vorurteilen, lückenhaften Informationen beeinflussen. Hier liegt die große Chance von Algorithmen, die keine kognitiven Schwächen aufweisen. Für den Algorithmus ist das Geschlecht der Bewerberin/des Bewerbers zum Beispiel nur eine Information wie viele andere. Neben Algorithmen bietet übrigens auch der Einsatz von einfachen kognitiven Testverfahren eine objektivere Entscheidungsgrundlage bei der Personalauswahl.

Können Algorithmen dabei helfen Diskriminierung in der Personalauswahl abzubauen?
Ja, sicherlich. Allerdings ist der Einsatz von Algorithmen kein Allheilmittel. Im Gegenteil es könnten Fehler oder Verzerrungen in die Algorithmen eingebaut werden, indem die verwendeten, historischen Daten bereits Muster enthalten, die in der Zukunft zu einer Festigung früherer diskriminierender Entscheidungen führt. Waren in der Vergangenheit zum Beispiel immer Männer im Unternehmen erfolgreich, bekommt die Information zum Geschlecht eine neue Bedeutung bei der Vorhersage des Karriereerfolgs. Deswegen muss der Algorithmus empirisch validiert werden, bevor er verwendet wird und transparent sein. Das Ergebnis muss immer wieder überprüft werden und – wenn nötig – muss der Algorithmus entsprechend nachgebessert werden.

Ganz konkret: Wie sieht der ideale Prozess für die Personalauswahl aus? 
Die ideale Personalauswahl würde technisch unterstützt unter Berücksichtigung der Richtlinien des Ethikbeirats HR-Tech. Besonders die empirische Validierung der eingesetzten technischen Tools halte ich für ganz wesentlich, bevor sie in einem so sensiblen Bereich wie der Personalauswahl eingesetzt werden. Durch die Technik würde der Prozess im Idealfall objektiver und effizienter werden. Die letzte Entscheidung sollte bei der Personalauswahl auf jeden Fall immer der Mensch haben.


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